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Meldepflicht elektronischer Aufzeichnungssysteme: Was Unternehmen jetzt wissen müssen

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Sandra Weith-Höinghaus
Meldepflicht elektronischer Aufzeichnungssysteme Was Unternehmen jetzt wissen müssen​

Frist 31.07.2025: Ob Arztpraxis, Friseursalon oder Einzelhandel – wer ein elektronisches Aufzeichnungssystem nutzt, muss handeln und dieses bis zum 31.07.2025 beim Finanzamt melden. In diesem Artikel klären wir, was die Meldepflicht elektronischer Auszeichnungssysteme genau ist, wer betroffen ist und was Sie jetzt tun müssen, um Bußgelder zu vermeiden.

 

Wie mich ein Orthopädenbesuch zur Frage der Kassenmeldepflicht führte

 

Vor Kurzem war ich bei meinem Orthopäden und bekam eine Barzahlungs-Rechnung für eine IGeL-Leistung. Spontan fragte ich mich: Nutzt die Praxis eigentlich ein System, das meldepflichtig ist?

 

Spoiler: Ja! Selbst wenn nur EC-Kartenzahlung akzeptiert würde, wäre das System meldepflichtig gemäß § 146a AO. Dieses Thema habe ich kürzlich auch im Rahmen eines Workshops zur Verfahrensdokumentation mit Bernhard Kürschner, Gerhard Ehinger und Viktor Rebant diskutiert.

Warum will das Finanzamt Aufzeichnungssysteme gemeldet bekommen?

 

Die Finanzverwaltung verlangt die Meldung elektronischer Aufzeichnungssysteme über ELSTER, um die Nachvollziehbarkeit und Manipulationssicherheit von Kassensystemen zu gewährleisten. Die Hauptgründe dafür sind:

 

▶️ 1. Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Manipulationen: Elektronische Kassensysteme können theoretisch nachträglich manipuliert werden (z. B. durch das nachträgliche Löschen von Umsätzen). Durch die technische Sicherheitseinrichtung (TSE) und die Meldepflicht über ELSTER soll sichergestellt werden, dass alle Kassensysteme registriert, überprüfbar und vor Manipulation geschützt sind.

 
▶️ 2. Zentrale Erfassung und Kontrolle durch die Finanzämter. Die Finanzverwaltung kann schneller erkennen, welche Kassensysteme in einem Unternehmen im Einsatz sind.  Im Rahmen von Betriebsprüfungen oder Kassennachschauen können die Daten aus den Systemen abgeglichen werden.

 

▶️ 3. Erleichterung von Kassennachschauen (§ 146b AO). Durch die zentrale Erfassung können die Finanzbehörden unangekündigte Kassennachschauen effizienter durchführen. Falls ein Kassensystem nicht gemeldet oder nicht gesetzeskonform ist, kann dies zu Strafen bis zu 25.000 € führen.

 
▶️ 4. Einhaltung der GoBD.Die Finanzverwaltung will sicherstellen, dass alle Unternehmen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoBD) einhalten. Durch die Meldepflicht und die TSE können Unternehmen nachweisen, dass ihre Systeme den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

 
▶️ 5. Digitalisierung und Automatisierung der Steuerprüfung. Durch die elektronische Erfassung der Kassensysteme über ELSTER kann die Finanzverwaltung Daten automatisiert analysieren.  Zukünftig könnten durch Datenabgleiche und KI-gestützte Prüfungen Unregelmäßigkeiten schneller erkannt werden.

Learning 1
Die Meldung elektronischer Aufzeichnungssysteme über ELSTER ist Teil der Digitalstrategie der Finanzverwaltung und dient der Manipulationssicherheit, Nachvollziehbarkeit und Effizienzsteigerung in der Prüfung. Sie ist außerdem eine Frage der regulatorischen Compliance – also der Governance im Sinne von ESG.

Was ist ein elektronisches Aufzeichnungssystem laut § 146a AO?

 

Ein elektronisches Aufzeichnungssystem ist ein technisches System, das zur Erfassung, Speicherung und Ausgabe von Geschäftsvorfällen dient. Es ist elektronisch geführt und zur Kassen- oder Buchführung bestimmt.

 

Beispiele für meldepflichtige Systeme:

 

✅ Elektronische Registrierkassen, die im stationären Handel oder in der Gastronomie verwendet werden.

 

✅ Tablet-Kassen wie SumUp oder Orderbird, die mobil einsetzbar sind.

 

✅ Warenwirtschaftssysteme mit integrierter Kassenfunktion, die in Einzelhandel oder Großhandel genutzt werden.

 

✅ Taxameter und Wegstreckenzähler.

 

✅ Hotel- und Friseursoftware, die eine Bezahlmöglichkeit direkt im System integriert haben.

Learning 2
Nicht nur klassische Kassen sind von der Meldepflicht elektronischer Systeme betroffen – auch ERP-Systeme mit Kassenfunktion können darunter fallen.

Kassenmeldepflicht 2025: Diese Anforderungen gelten für Unternehmen

 

Wenn Sie ein elektronisches Aufzeichnungssystem einsetzen, müssen Sie die folgenden Anforderungen einhalten:

 

⭕ Die eingesetzten Systeme müssen mit einer zertifizierten Technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgestattet sein. Diese schützt die erfassten Transaktionen vor nachträglicher Manipulation.

 

⭕ Jeder Geschäftsvorfall muss einzeln, vollständig, zeitgerecht und korrekt aufgezeichnet werden – die sogenannte Einzelaufzeichnungspflicht.

 

⭕ Für jeden Verkaufsvorgang muss ein Beleg ausgegeben werden. Dieser kann in Papierform oder digital erfolgen.

 

⭕ Das genutzte System muss aktiv über ELSTER beim Finanzamt gemeldet werden.

 

⭕ Die Daten müssen jederzeit exportierbar und prüfbar sein, z. B. im Rahmen einer Betriebsprüfung oder Kassennachschau.

 

Strafen bei Verstößen gegen die Meldepflicht elektronischer Systeme

 

Bei Nichtmeldung oder der Nutzung eines manipulationsanfälligen Systems drohen Bußgelder von bis zu 25.000 Euro. Diese sind in der Regel von den geschäftsführenden Personen persönlich zu tragen und wären somit steuerlich nicht absetzbar.

 

Sind ERP-Systeme von der Kassenmeldepflicht betroffen?

 

Ja – aber nicht immer. Entscheidend ist, ob eine Kassenfunktion enthalten ist.

 

Diese ERP-Systeme sind meldepflichtig:

 

✅ SAP Business One, wenn es ein Kassensystem integriert hat.

 

✅ Lexware Warenwirtschaft, sobald das POS-Modul (Point of Sale) aktiviert ist.

 

✅ JTL-Wawi mit der Erweiterung JTL-POS für den stationären Einzelhandel.

❌ Nicht betroffen sind reine Warenwirtschafts- oder Buchhaltungslösungen ohne Möglichkeit zur Annahme von Barzahlungen.

Learning 3
ERP-Systeme sind nicht automatisch meldepflichtig – entscheidend ist die Kassenfunktion.

Arztpraxen, Heilberufe & Kassensysteme: Meldepflicht oft übersehen

 

Auch Arztpraxen und ähnliche Einrichtungen können unter die Kassenmeldepflicht fallen – insbesondere dann, wenn sie Barzahlungen oder EC-Zahlungen über eine digitale Lösung erfassen.

 

Meldepflichtig sind:

 

✅ Praxissoftware wie Turbomed oder Medistar, sofern eine Kassenfunktion integriert ist.

 

✅ EC-Kartenzahlungen, wenn sie über ein System mit TSE verarbeitet werden.

 

Nicht meldepflichtig sind:

 

❌ Offene Ladenkassen (z. B. Barkassen ohne elektronische Komponenten).

 

❌ Abrechnungen, die ausschließlich per Rechnung und Überweisung abgewickelt werden.

Learning 4
Viele Praxen nutzen digitale Systeme mit Kassenfunktion, ohne sich der Meldepflicht bewusst zu sein.

EC-Zahlung & Kreditkarte: Gilt die Kassenmeldepflicht auch bei unbaren Zahlungen?

 

Die Meldepflicht greift nicht nur bei Barzahlungen, sondern auch bei Kartenzahlungen – sofern diese über ein elektronisches Aufzeichnungssystem mit TSE abgewickelt werden.

 

Die Meldepflicht greift:

 

✅ Wenn ein System mit TSE sowohl Bargeld als auch EC-/Kreditkartenzahlungen verarbeitet.

 

✅ Wenn ein System direkt mit dem Kartenterminal verbunden ist und die Zahlungen automatisch dokumentiert.

 

❌ Keine Meldepflicht besteht, wenn ein externes Kartenterminal genutzt wird, das keine Verbindung zum System hat.

Learning 5
Unbare Zahlungen entbinden nicht von der Meldepflicht, wenn sie im System erfasst werden.

In 4 Schritten prüfen, ob Ihr System meldepflichtig ist

 

✅ 1. Führen Sie eine Bestandsaufnahme durch: Welche Systeme nutzen Sie für Ihre Geschäftsvorfälle?

 

✅ 2. Prüfen Sie, ob diese Systeme eine Kassenfunktion enthalten oder mit einer TSE ausgestattet sind.

 

✅ 3. Ergänzen Sie Ihre Verfahrensdokumentation, um im Zweifel nachweisen zu können, ob eine Meldepflicht besteht oder nicht.

 

✅ 4. Nutzen Sie die BAFA-Förderung: Die Erstellung oder Überarbeitung einer Verfahrensdokumentation ist förderfähig und kann bezuschusst werden.

 

Jetzt handeln: Beratung sichern

 

Buchen Sie jetzt ein kostenfreies Erstgespräch, in dem wir gemeinsam prüfen, ob Ihre Systeme meldepflichtig sind – und wie Sie gesetzeskonform und förderfähig vorgehen.

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